damals
Wie wir in den Konflikt zwischen Persien und Irak hingezogen wurden.

Missbrauch eines deutschen Frachters durch die "persische" Kriegsmarine.


im Jahr 2013

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Erlebt von Ralf Sander, damaliger Chiefingenieur auf M/S "Westfalen"

Am 20. 5. 1969 lagen wir mt der "Westfalen" noch immer auf Reede von Bandar Shahpur - dem heutigen Bandar Khomeihni - und warteten auf die Weiterreise nach Khorramshahr. Weitere Infos auf meiner homepage unter: Seefahrt-Leitender Ingenieur
MS Westfalen
MS "WESTFALEN"
gebaut für Otto Stinnes, Hamburg
Typ: Frachtschiff
Bauwerft: Howaldts-Werke, Hamburg Baujahr: 1955
Baunummer: 908
Größe in BRT: 8.944, 12.935 tdw
Länge: 140,52 m
Breite: 19,2 m
Antrieb: 1 MAN Zweitakt Sechszylinder Dieselmotor, 6750 PS direkt auf den Propeller
Geschwindigkeit: 14,5 Knoten
Besatzung: 43 Mann
Rufzeichen: DIME


Gegen 03.30 Uhr wurde die Deckswache von Bootsmotorengeräuschen aufgeschreckt. Es handelte sich um persische Militärboote, die die beiden in Uniform gekleideten Lotsen und ca. 20 bis 30 weitere Personen in Zivil an Bord brachten. Die Brücke erteilte die Order zum Klarmachen der Maschine, die Anker wurden gelichtet und die Reise zum Shatt al-Arab begann. Während dieser Zeit hatten sich die vermeintlichen Privatpersonen umgezogen, erschienen in Militäruniformen und verteilten sich auf dem Schiff. Diese Herren übernahmen faktisch die Gewalt über unser Schiff.


Militär auf der Brücke


Am 19. April 1969 kündigte der Schah von Persien "Mohammad Reza Pahlavi" den Vertrag von Saadabad (Palastanlage in Teheran) vom 4. Juli 1937. Dieser Vertrag regelte den Schiffsverkehr auf dem Grenzfluss zwischen dem Irak und Persien. Als Grenze galt die Talweglinie (Verbindung der am tiefsten eingeschnittenen Punkte in den Querschnitten eines Flussbetts. Die Grenze ist also veränderlich.), so dass ausländische Seeschiffe beim Befahren des Shatt al-Arab immer die Gastlandflaggen beider Länder am vorderen Mast auf Steuerbordseite hissten. Wir sollten - soweit mir bekannt ist - als erstes ausländisches Schiff diesen Vertrag brechen und nur mit der Gastlandflagge Persiens den Shatt al-Arab hinauffahren.


Der Kapitän unterrichtete mich vertraulich über die Situation und sagte weiter, dass er an einer geeigneten Stelle versuchen würde, Anker zu werfen. Gesagt, getan! Die Anker fielen und die Reederei wurde gegen 07.00 Uhr Ortszeit über Funk informiert und gefragt, ob wir die Reise fortführen oder abbrechen sollten. Wir fuhren immer noch in Charter für die Aria-Shipping-Line des Schah's. Durch die Zeitdifferenz von 2 ½ Stunden war es in Hamburg erst 05.30 Uhr. Trotzdem erhielten wir ca. eine Stunde später per Funk die Erlaubnis zur Weiterreise. Als wir uns schon im Fluss befanden und nicht mehr wenden konnten, erreichte uns über Funk eine neue Nachricht. Die Reederei teilte uns nun mit, wir sollten auf keinen Fall die Weiterreise nach Khorramshahr antreten, sondern auf weitere Order warten.

Erst jetzt wurde der Schiffsführung klar, dass man sie durch eine falsche Meldung von Seiten Persien in die Irre geführt hatte. Ab sofort wurde die Funkbude vom Militär besetzt und es durfte kein Funkverkehr mehr durchgeführt werden. Das galt auch für die spätere Hafenliegezeit. Auf der Reise stromaufwärts wurden wir von Kriegsschiffen, Hooverkraftbooten, Hubschraubern etc. eskortiert. Auf der persischen Landseite wurden wir von jubelnden Menschen begrüßt und von der irakischen Seite bedroht.


Fregatte F26 und ein Hansafrachter am Anker



Fregatte querab

Hovercraftboot



Hovercraftbbote und Hubschrauber


In Khorramshahr angekommen, musste erst ein anderes deutsches Schiff, die MS "Gemma" der Reederei van Nievelt Goudriaan & Co von der Pier ablegen, um für uns Platz zu machen.

MS "Gemma"


An der Pier hatte man Tische, Bänke und ein Rednerpult für unseren Empfang aufgebaut. Das Militär wollte uns Willkommen heißen und eine Ziege sollte geopfert werden. Unserem Kapitän missfiel es und er bestand darauf, dass das gesamte Empfangskomitee verschwindet. Eiligst herbeigerufene LKW transportierten das gesamte Mobiliar einschließlich Ziege ab. Die Gemma verholte längsseits von uns, beide mit dem Steven stromaufwärts.


Das Militär freut und beglückwünscht sich


Aufgrund dieser Ereignisse gingen wir nicht an Land. Einzige Ausnahme war der 23. Mai. Der Käpten und ich hofften, an jenem Freitag - er ist dort wie in Deutschland ein Sonntag - ein offenes Büro der damaligen Hansa-Reederei vorzufinden, um von dort mit unserer Reederei telefonieren zu können. Leider war das Office auch geschlossen. Am kommenden Abend ließen wir uns vom Schiffsmakler überreden und gingen in das damals feudale Gulf-Hotel zum Essen.

Die Hafentage waren sehr angespannt. Auf der dem Irak zugewandten Backbordseite der Gemma hatte man Maschinengewehre positioniert.

Da unserem Kapitän aus verständlichen Gründen die Weiterreise in den Irak untersagt war, wurde die für Basra bestimmte Ladung auf ein anderes Schiff umgeladen. Die Drohgebärden wurden immer aggressiver und man drohte sogar, uns bei der Rückfahrt auf dem Shatt al-Arab zu beschießen. Da der Funker noch immer außer Gefecht gesetzt war, vereinbarten wir mit dem Funker der Gemma, die 2 Tage vor uns auslief, er möge uns einen zuvor vereinbarten Nachrichtencode zusenden. Wir waren nach Erhalt dieser Nachricht sehr erleichtert und erreichten am 1. Juni 1969 ohne Zwischenfälle das offene Meer.

Info MS "GEMMA"
Es passieren manchmal kuriose Zufälle. So ist es auch in diesem Fall mit der MS "Gemma" gewesen. Dieses Schiff brachte mein Gepäck von Montreal nach Bremen. Ich musterte dort im Juni 1966 ab und konnte meine Sachen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten, nicht im Flugzeug mitnehmen.

Zitat eines ehemaligen Kollegen:
"Ich habe dem Bericht nichts hinzuzufügen. Für uns war es nur Spannung pur, über die Gefahren haben wir uns damals nicht so richtig den Kopf zerbrochen.Ich habe von dieser Fahrt noch einen Super 8 Film, jedoch in schlechter Qualität. Ich weiß nur noch, dass an Steuerbord die Jubel Perser zu finden waren und an Backbord Steine von irakischer Seite flogen. Wir hatten noch immer Geleitschutz von Hubschraubern und Fregatten. Zumindest in Richtung Khorramshar. Aber Du warst doch direkt an der Quelle neben dem Kapitän auf der Brücke. Die Informationen, die wir bekamen, waren meist vom 2. Ing.

Ich denke noch immer viel an diese Zeit zurück. Wenn man die Geschichte betrachtet, was sich im Laufe der Jahre in dieser Region abgespielt hat, wie z.B der Golfkrieg und jetzt wieder die akute Bedrohung seitens des Iran, die Strasse von Hormus zu blockieren. Ich war später noch oft in dieser Region, wir haben Munition nach Damman gefahren, waren in Dubai und Bahrain und später hatten wir Bananen zum Geburtstag des Schah von Persien nach Bushir gebracht. Jedes Schulkind in Persien sollte zu diesem Anlass eine Banane bekommen. Die Freude war sicher nicht groß bei den Kindern, da die Bananen grün angelandet wurden, und dann nur wenige LKW zum Abtransport zur Verfügung standen. Die Bananen wurden in der Hitze in kürzester Zeit braun und ungenießbar".





   
   
   
   
   
   
   
letztes update: 1. Juli 2013
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